Das Militär, die fossilen Energien und der CO2-Fußabdruck
(Auszug aus einer Rede, gehalten bei der seit dem 23.2.2022 stattfindenden Mahnwache für Frieden in Köln Dellbrück)
Amitav Ggosh, ein indischstämmiger Autor, der in den USA lebt, schrieb das Buch „Der Fluch der Muskatnuss“. Anhand der Muskatnuss entwickelt er die Geschichte eines Stücks Kolonialgeschichte, die immer mit kriegerischen Auseinandersetzungen verbunden war.
Es gibt zwei Kapitel, in denen er der Umwelt und dem CO2-Ausstoß durch das Militär einen zentralen Platz einräumt. Was er schreibt, ist beeindruckend…
Um 1840 hat ein relativ kleine britische Flotte dem chinesischen Landheer und ihrer Flotte erhebliche Niederlagen beigebracht. Sie hatten ein Dampfgetriebenes Schlachtschiff namens „Nemesis“, gegen das die Flotten von Segelschiffen kein Mittel hatten. Das war der Beginn der kriegsentscheidenden Bedeutung der fossilen Energien. Seitdem spielen fossile Energien in Kriegen eine große Rolle, teils wird sie gebraucht, um die Kriegsmaschinerie laufen zu lassen, teils wird genau um diese Energie und dem Zugang zu ihr Krieg geführt.
Die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki waren der – vorläufige – Höhepunkt dieser Tatsache, dass „power“ = Energie = Macht so entscheidend sind. Im Englischen heißt ‚power‘ sowohl „Energie“ als auch „Macht“. Es geht ganz viel um Zugang zu Energie und damit zugleich um Machterhalt.
Ein Paar Zahlen dazu:
In den USA entfallen 20% des Energiebedarfs aufs Militär; nur für die Treibstoffe, Da ist noch kein Panzer und kein Flugzeugträger gebaut, keine Granate abgefeuert. Das Pentagon ist der größte Einzelkonsument von Energie der USA wahrscheinlich der ganzen Welt.
Im 2. Weltkrieg verbrauchte ein US Soldat knapp 4 L Kraftstoff/Tag, im ersten Golfkrieg waren es 15L und im Afghanistankrieg waren es schon 38L/Soldat und Tag.
Ein nicht Atom betriebener Flugzeugträger verbraucht in einer Stunde so viel Treibstoff, wie eine Kleinstadt im Amerikanischen Mittelwesten in einem Jahr. Ein F16 Düsenjäger braucht pro Stunde. 1/3 davon, im Normalbetrieb, bei Vollgas fließt 8-mal mehr durch das Düsentriebwerk. Und die Amerikaner haben rund 1000 Stück davon!
Im Kyoto - Klimaprotokoll, wurde - auf Druck der USA - beschlossen. dass der militärische CO2-Ausstoß einfach nicht mitgezählt wird. Das heißt: Wenn demnächst wieder die Zahlen der Klimabilanz veröffentlicht werden, sind diese “geschönt“; Der gewaltige CO2-Fußabdruck des Militärs muss immer hinzugezählt werden.
Die USA stehen hier nur als Beispiel für den Rest der militärischen Welt, wenn sie auch eine Spitzenposition des Klimaschadens durch das Militär einnehmen.
Der unmittelbare Energiebedarf des Militärs stellt nur ein Teil der Umweltschäden dar. Durch den Einsatz des Militärs im Krieg werden weitere gravierende Umweltbelastungen verursacht. Es gibt die Zerstörung von Infrastruktur, Bebauung und Inneneinrichtungen etc. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass das Militär weltweit für 50% der Umweltverschmutzung durch gefährliche Abfälle verantwortlich ist.
Beim Klimagipfel von Kopenhagen 2009 einigte man sich darauf, dass die „reichen“ Länder den „ärmeren“ pro Jahr 100 Milliarden Dollar, zukommen lassen, um Umweltschäden zu reparieren. Es sind bis jetzt aber nur 10,4 Milliarden zusammengekommen. In der gleichen Zeitspanne sind die weltweiten Militärausgaben von 1,5 Billionen auf 2 Billionen gestiegen.
Man sollte sich ins Bewusstsein rufen, dass das Konzept des CO2- Fußabdrucks von BP ( Britisch Petroll) erfunden wurde, als Teil eine Marketing Kampagne. BP stellte 2004 einen CO2-Rechner vor, mit dem Einzelpersonen seither berechnen können, für wie viel CO2-Emissionen sie verantwortlich sind. Sie lenkte damit geschickt die Aufmerksamkeit vom massiven CO2 Fußabdruck der Ölkonzerne auf Individuen um. Dabei sind Einzelpersonen nicht die Hauptverursacher von CO2-Emissionen. Individuen können mit ihrem Verhalten die weltweite und nationale Treibhausgasemissionen nur begrenzt beeinflussen. Die größten Posten entfallen auf Transport, Wohnen und Lebensmittel und nicht zuletzt aufs Militär!
1968 haben die Atommächte den Atomwaffensperrvertrag beschlossen, aus der Erkenntnis heraus, dass der Einsatz von Atomwaffen zur Zerstörung der Menschheit führen kann oder wird. Jetzt sieht es doch so aus, dass der Einsatz von fossiler Energie im Militärischen wesentlich dazu beiträgt, dass die Klimakatastrophe existentiell wird. Wäre nicht ein Vertrag vonnöten, der den Energieverbrauch des Militärs weltweit eingrenzt? Das könnte die Wahrscheinlichkeit von Kriegen deutlich reduzieren.
Auch im Ukrainekrieg dreht sich vieles um die fossilen Energien; unsere Angst vor einem Gasembargo durch Russland, die North-Stream-Pipelines, das Handelsembargo gegen Russland und deren Energieexporte. Und im Zusammenhang mit dem Israel-Hamas- Krieg zielen die Angriffe der Huthy-Rebellen auf die Schifffahrt, insbesondere auf die Öltanker im roten Meer.
Völlig zu recht stehen die menschlichen Opfer der Kriege und die sichtbaren Schäden durch Kriegshandlungen im Vordergrund. Mit diesen Ausführungen sollte der Blick auch auf die Umweltschäden gerichtet werden, die die Produktion von Kriegsmaterial, der Verbrauch fossiler Energien und die langfristige Zerstörung von Natur und Lebensräumen bewirken.
In Köln wird man an Kriegsfolgen noch nach 8 Jahrzehnten erinnert: Immer wieder wie auch in diesem Jahr werden Fliegerbomben aus dem 2. Weltkrieg gefunden, die aufwändig entschärft werden müssen.