Gaza – schwere Verbrechen der israelischen Regierung und ein unverantwortliches Schweigen der Europäer und Deutschlands
Was sich im Gazastreifen abspielt, ist die Geiselnahme und Todesbedrohung der gesamten dort lebenden palästinensischen Bevölkerung. Was muss noch geschehen, bis die westlichen Demokratien, allen voran Deutschland, ihr tatenloses Zuschauen und Schweigen beenden und zumindest mit Sanktionen drohen?
Zu Zeiten, als Netanjahu noch die Hamas förderte, um die Fatah zu schwächen, war die palästinensische Bevölkerung um so mehr der Macht und Kontrolle des autoritär-militanten Regimes der Hamas ausgeliefert. Sie musste sich – isoliert von der Welt – mit der Hamas arrangieren. Wenn daher die gesamte Infrastruktur wurde von der Hamas organisiert wurde, so bedeutete das aber keineswegs, dass die in den Infrastruktur Tätigen durchweg oder mehrheitlich Anhänger des Regimes waren. Die Bevölkerung hatte keine Wahl.
Nach dem schrecklichen Überfall der Hamas im Oktober 2023 und der Geiselnahme war alle Welt solidarisch mit Israel und seinem militärischen Vorgehen gegen die terroristischen Angreifer.
Inzwischen ist allerdings der Gazastreifen in Schutt und Asche gelegt. Die Reste der Infrastruktur sollen nun auf Geheiß der israelischen Regierung gänzlich zerstört werden. Die Menschen - Frauen, Männer, Kinder, Kranke, Alte – wurden nicht nur obdachlos und mittellos gemacht, sondern sie wurden und werden weiterhin mit Bomben und militärischer Gewalt in dieser Wüstenei erbarmungslos hin und her getrieben. Sie werden ausgehungert, dem Verdursten preisgegeben und getötet. Die Schreckensbilanz: Bereits über 50.000 Tote, die allermeisten keine Hamas-Anhänger, noch viel mehr verkrüppelte und schwerst traumatisierte Menschen, während jetzt ein Massensterben noch ganz anderen Ausmaßes droht.
Die der Kriegsverbrechen angeschuldigte israelische Regierung befindet sich mit ihrer Zielvorgabe der Vernichtung der Hamas wie in einer Reuse, in einem Weg eskalierender Gewalt ohne Umkehr. Und mit ihr ist die israelische Bevölkerung in dieses monströse Vorgehen hineingezogen, das von der Mehrheit im Land nicht gebilligt wird.
Diese Gewalt kann nur weitere Gewalt hervorrufen. Die Zukunft Israels ist am meisten durch seine eigene Regierung bedroht. Der Hass und die Menschenverachtung der Regierungsmitglieder droht noch mehr Hass und Vernichtungswille auf Seiten der Palästinenser und ihrer Unterstützer zu erzeugen und die Explosivität im Nahen Osten weiter zu erhöhen. Dieser Hass wird die Sicherheit Israels auf Dauer bedrohen. Das ist für die derzeitige israelische Regierung ein Grund mehr, noch stärker auf Militarisierung, Vertreibung und Unterdrückung zu setzen. Im Gefolge dieser Entwicklung wird Israels Rechtsstaatlichkeit im Innern immer weiter unter Druck geraten. Zudem ist die Regierung auch dafür verantwortlich , dass der Antisemitismus weltweit geradezu befeuert wird. Die Juden in anderen Ländern, die nichts mit diesem Vorgehen der israelischen Regierung zu tun haben, sind die Leidtragenden und werden unschuldig gefährdet.
Schlimm ist, dass die Vorgabe, die Hamas zu besiegen, immer deutlicher als Vorwand dient, andere Ziele zu bedienen. Jetzt wird noch unverstellter militärisch vorangetrieben, was von Hardlinern in der Regierung seit längerem geplant war: Ganz Nord-Gaza zu entvölkern und in israelisches Hoheitsgebiet umzuwandeln.
Die schon seit langem stattfindende Entrechtung, Bedrohung und Landnahme im Westjordanland wird durch den drohenden Landraub und die todbringende Vertreibung im Gazastreifen noch einmal in den Schatten gestellt. Damit wird jeder Hoffnung auf anhaltenden Frieden der Boden entzogen.
Wie stellt sich die Israelische Regierung die Zukunft der Palästinenser vor? Wenn es nicht um barbarische Vertreibung und Vernichtung gehen soll, dann müssten doch irgendwelche politischen Vorstellungen von Koexistenz ins Auge gefasst werden. Die Zweistaatenlösung war eine Möglichkeit der Koexistenz, die aber durch die Landnahme der Siedlungspolitik immer undurchführbarer gemacht wurde. Nur: Wenn diese Möglichkeit entfällt, dann kann Koexistenz nur heißen, dass Palästinensern in einem gemeinsamen Staat alle bürgerlichen Rechte einzuräumen sind. Das wäre das Ende eines sich als Jüdisch verstehenden Staates.
Was ist angesichts dieser verzweifelten Lage zu tun?
Zum einen dürfen die Politiker demokratischer Staaten nicht länger schweigen. Mit dieser schweigenden Zurückhaltung befördern sie, dass die israelische Regierung sich schrittweise immer tiefer in ihr völkerrechtswidriges Vorgehen hineinmanövriert. Im langfristigen israelischen Sicherheitsinteresse müssen sie dieses Vorgehen öffentlich verurteilen. Zum anderen müssen sie hinaus Sanktionen androhen und bei fehlendem Kurswechsel auch verhängen. Sie müssen die israelischer Regierung, die die Zweistaatenlösung schon seit langem torpediert, dazu auffordern, sich zu einem menschenwürdigen Umgang mit Palästinensern zu verpflichten. Von Israel muss eine Entscheidung gefordert werden, entweder die Zweistaatenlösung anzugehen (und damit die rechtswidrige Siedlungspolitik zu beenden und den fraglichen Verbleib der Siedler und deren Status im Palästinenserstaat klären) oder als Alternative die Rechte der Palästinenser innerhalb eines gemeinsamen Staatsgebietes zu gewährleisten. Palästinenser als Rechts- und Staatenlose zu definieren und zu behandeln, ist die Vorstufe zum Völkermord.
Was können wir tun? Wir können unsere Bundestagsabgeordneten anschreiben und dazu auffordern, im beschriebenen Sinne aktiv zu werden. Vielleicht lassen sich aus diesem Artikel Argumentationshilfen entnehmen für Briefe an Abgeordnete vor Ort sowie an Politiker und Parteien im Bund.