Zur Lockerung der Schuldenbremse – Notwendiger Schwenk der CDU/CSU
Inzwischen wurde mit Hilfe der alten Bundestagsbesetzung ein 500 Milliarden-Sondervermögen für Rüstung und ein 500 Milliardenschweres weiteres Sondervermögen für Infrastrukturmaßnahmen beschlossen. Dieses ist in mancherlei Hinsicht ein bemerkenswerter Vorgang:
1. Nur mit Hilfe der im alten Bundestag mit größerer Fraktionsstärke vertretenen Grünen und der SPD konnte dieses Finanzierungsprogramm gesichert werden. Die zuvor nur diffamierten und kritisierten beiden Ampelparteien waren dafür gerade gut genug, der Regierung unter der abzusehenden Kanzlerschaft von Friedrich Merz den für künftiges Regierungshandeln dringend erforderlichen finanziellen Spielraum zu sichern.
2. Es war Aufgabe und Verdienst der Interventionen der Grünen, dass in die zwei finanziellen Freibriefe Struktur und Gemeinwohlbindungen hineingebracht wurden. Die Ausweitung der Bestimmung über die Verteidigungsaufgaben hinaus für die Abwehr von völkerrechtswidrigen Angriffskriegen (Ukraine), für den Zivilschutz, Cyberabwehr und Technischen Hilfswerk stellte eine notwendige Erweiterung der Zweckbestimmungen dar wie auch die Ergänzung zum Infrastrukturfond, dass dieser nur für Maßnahmen außerhalb des Bundeshaushaltes verwendet werden darf. Ein Beispiel für gute Realpolitik.
3. Mit diesem Vorgehen wird im Nachhinein noch einmal verdeutlicht: Die über anderthalb Jahre (seit November 2023) verweigerte Reformation der Schuldenbremse durch die CDU/CSU war ein verantwortungsloses parteipolitisch motiviertes Agieren. Über anderthalb Jahre wurde dringend erforderliches Regierungshandeln verunmöglicht nur mit dem Ziel, mit Hilfe eines Scheiterns der Koalition sich eine bessere Ausgangslage für die nächste Wahl zu verschaffen.
4. Geradezu grotesk mutet das Gegrummel in der CDU/CSU an, in den Koalitionsverhandlungen jetzt mehr Entgegenkommen von der SPD einzufordern zu sollen, da man ja bei den beiden Fonds ihnen so weit entgegengekommen sei. Wie bei einem Taschenspielertrick sollen die mit Fremdhilfe für eine Merz- Kanzlerschaft gewonnenen Finanzspielräume der SPD als Wunscherfüllung in die Taschen geschoben werden, um die Behebung der selbst fabrizierten Not hinsichtlich politischer Handlungsspielräume zu kaschieren.
5. Die Spannungen in der CDU/CSU angesichts des 180-Grad-Schwenks von Friedrich Merz weisen auf den Verlust an Kohäsionskraft in der Partei hin. Zu recht wird befürchtet, dass diese Kehrtwende zu einem Glaubwürdigkeitsverlust von Partei und Führung beiträgt. Nur liegt der Fehler nicht in der neuen Richtung, sondern im Handeln in der Vergangenheit.
6. Der enorme Aufschwung der AfD wurde von CDU/CSU-Seite immer wieder dem angeblich so schlechten Regierungshandeln der Ampelkoalition angelastet. Wenn irgendetwas die AfD gestärkt hat, dann die Behinderung dieses Regierungshandeln durch vorenthaltene Reformen der Schuldenbremse bei gleichzeitiger Diffamierung der dennoch geleisteten Regierungsarbeit. Besser hätte das die AfD auch nicht machen können.
7. Trotz dieses Politikversagens und Versagens von Politik: Es kommt jetzt sehr auf die CDU/CSU an, ob es gelingen kann, ein weiteres Erstarken der AfD zu verhindern. Gebot der Stunde wäre eine mit der Reform der Schuldenbremse beginnende Neuausrichtung der CDU/CSU und eine Neujustierung ihres Verhältnisses und ihres Umgangs mit den anderen demokratischen Parteien. Ohne eine Verständigung über Parteigrenzen hinaus und eine an Menschenwürde und Menschenrechte sowie an Recht und Gesetz orientierte Politik bringt man unsere demokratische Ordnung nur weiter in Gefahr. Es ist nicht Zeit für Abrechnungen, sondern für streitbare Kooperation.